Einsätze über die Stadtgrenze hinaus...
Sie treten meist völlig unerwartet auf und ziehen in aller Regel einen riesigen Rattenschwanz an Problemen nach sich – die Rede ist von überregionalen, aber auch lokalen Katastrophen- und Schadenslagen, welche Behörden und Bevölkerung vor große Herausforderungen stellen. Eins der wichtigsten Ziele im Katastrophenschutz und der Gefahrenabwehr ist daher die Aufrechterhaltung der sogenannten „Kritischen Infrastruktur“ – kurz „KRITIS“.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) definiert KRITIS als „Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden“. Die KRITIS wurden vom Bund in neun Sektoren eingeteilt – einer von ihnen ist der Sektor „Energie“.
Dieser Sektor setzt sich aus den Branchen „Elektrizität“, „Gas“, „Mineralölen“ und „Fernwärme“ zusammen und ist einer der zentralen Bereiche der kritischen Infrastrukturen. Da nahezu alle neun Sektoren in direkter oder indirekter Abhängigkeit zum Sektor „Energie“ stehen, würde ein Ausfall oder eine Störung im Bereich des Energiesektors eine nicht auszudenkende Beeinträchtigung der gesamten KRITIS verursachen.
Die immer größer werdende Abhängigkeit von der künstlichen Energie in den letzten Jahrzehnten und die fortgeschrittene Digitalisierung unserer Lebensstandards hat eine vulnerable Zone geschaffen, welche nur schwer vor Katastrophen zu schützen ist.

Die Folgen eines flächendeckenden Stromausfalls, wie er beispielsweise durch einen sogenannten „Blackout“ hervorgerufen werden könnte, wären gravierend. Kein Strom – das bedeutet keine gesicherte Trinkwasserversorgung, keine Bargeldwirtschaft, keine funktionierenden Kassensysteme, keine Versorgung mit Erdgas und Mineralölen, Ausfall des digitalen Kommunikationssystems und vieles mehr. Ein langandauernder und großflächiger Stromausfall wäre für die Versorgung der Bevölkerung und die öffentliche Sicherheit mit fatalen Folgen verbunden. Das Ziel von Bund und Ländern ist demnach das Ausmaß und die Folgen so gering wie möglich zu halten und die Verletzlichkeit der gesellschaftlichen Strukturen einzugrenzen.
Die Frage, die sich vielen Experten schon seit längerer Zeit stellen ist nicht, ob es zu einem Blackout kommen kann, sondern viel mehr, wann der besagte Tag X eintreten wird. Aber auch größere Umweltkatastrophen, wie beispielsweise das Schneechaos 2005 im Münsterland, können unsere Stromversorgungssysteme zusammenbrechen lassen. Um bei derartigen Schadenslagen in Zukunft besser aufgestellt zu sein, ist das Land Nordrhein-Westfalen derzeit mit dem Ausbau seines Notstromkonzeptes im Katastrophenschutz beschäftigt. Das Innenministerium NRW, welches als zentrale Behörde in unserem Land für den Katastrophenschutz zuständig ist, entwickelte in enger Zusammenarbeit mit dem Institut der Feuerwehr NRW (IdF) das Konzept der mobilen Landeskomponente „Netzersatzanlage“ – ein Verbund aus 25 Standorten aufgeteilt auf ganz NRW.















Seit Mitte 2020 gehört die Feuerwehr Ochtrup zu den Standorten des Logistikzugs NRW im Kreis Borken. Die sogenannte Landeskomponente besteht aus einem Zugfahrzeug – einem Gerätewagen Logistik (GW-L) – sowie einer 250-kVA-Netzersatzanlage, die auf einem Tandemachsanhänger verbaut ist.
Das mobile Aggregat, angetrieben von einem Scania-Dieselmotor mit knapp 300 PS (218 kW), dient hauptsächlich der Notstromversorgung. Es kann sowohl Inselnetze (IT-Netze) autark versorgen als auch im Einspeisebetrieb an bestehende TN-Netze angeschlossen werden.
Dank der umfangreichen technischen Beladung auf dem GW-L ist die Besatzung der Komponente in der Lage, vollständig autark an einer Einsatzstelle zu arbeiten. Das mitgeführte Equipment umfasst unter anderem Leitungsroller, Verteilerwürfel, Beleuchtungs- und Heizgeräte, Leitungsbrücken sowie verschiedene Messgeräte – alles, was für den Betrieb notwendig ist.
Die Netzersatzanlage verfügt über einen rund 800 Liter großen Treibstofftank, der einen Betrieb bei ca. 200 kW Volllast für bis zu 24 Stunden ermöglicht. Darüber hinaus besteht jederzeit die Möglichkeit zur Fremdbetankung, um eine unterbrechungsfreie Stromversorgung auch über diesen Zeitraum hinaus sicherzustellen.
Betreut wird die Landeskomponente von einer eigens gegründeten Notstrom-Einheit innerhalb der Feuerwehr Ochtrup. Diese besteht derzeit aus rund 20 Kameradinnen und Kameraden aus allen vier Löschzügen, die über eine entsprechende elektrotechnische Ausbildung sowie die Fahrerlaubnis der Klassen C und CE verfügen.
Im Rahmen regelmäßig stattfindender Übungsdienste trainieren die Einsatzkräfte an unterschiedlichen Einsatzorten den Ernstfall – damit im Einsatz jede Handlung sicher und routiniert ausgeführt wird.