Themenwoche "Der Palliativpatient im Rettungsdienst"...
Notfallsanitäterin und Praxisanleiterin Denise Becker berichtet über eine besondere Themenwoche für die Auszubildenden im 2. Lehrjahr im Rahmen ihrer Praxisanleiterwoche an der Rettungswache Ochtrup. Ein nicht alltäglicher Besuch erwartete die rettungsdienstlichen Kräfte der Töpferstadt hierbei bereits am vergangenen Montag – ein Besuch mit “Herzenswunsch”…
Unser Auszubildenden aus dem zweiten Lehrjahr, hatten in dieser Woche einiges vor sich. Denn nicht immer im Wachblock, also der Zeit innerhalb der Ausbildung, die an der Rettungswache verbracht wird, begleiten sie die Kollegen/innen im Einsatz. Ab und an ist auch mal für eine Woche lang Pause und zwar wenn es in die sogenannte „Praxisanleitungswoche“ geht. Diese ist neben dem Blockunterricht in der Akademie für Gesundheitsberufe, mittlerweile zum wichtigen Bestandteil der theoretischen, aber auch praktischen Ausbildung an der Rettungswache Ochtrup geworden. Hier werden Themen aus dem Unterricht aufgegriffen, wiederholt, vertieft und in die Praxis umgesetzt. Für die Planung und Durchführung dieser spezialisierten Woche stehen an der Rettungswache sogenannte Praxisanleiter, also Notfallsanitäter mit einer zusätzlichen pädagogischen Weiterbildung, zur Verfügung.
Gerne werden mit Übungsphantomen oder auch mehr oder minder freiwilligen Kollegen/innen praxisnahe Szenarien dargestellt . Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Kollege verkabelt an einen Überwachungsmonitor angeschlossen, auf einer Trage fixiert und mit einem „gebrochenem Becken“ liegt.
Auch Themen die nicht so viel Action enthalten, werden in diesen Praxisanleitungswochen aufgegriffen. So schwebte in dieser Woche die große Überschrift „Palliativmedizin im Rettungsdienst“ über Victoria und Marie, unsere beiden Auszubildenden aus dem 2. Lehrjahr. Ein schwieriges Thema mit vielen, vor allem emotionalen und berufsethischen Aspekten. Dennoch ein Thema, was den Notfallsanitätern/innen immer wieder in ihrem Arbeitsalltag begegnet und viel Feingefühl und Fachverständnis erfordert. Das Thema der dieswöchigen Praxisanleitung soll die beiden angehenden Notfallsanitäterinnen auf ihre zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen in diesem Bezug vorbereiten.
Ein besonderes Highlight bei diesem durchaus bedrückendem Thema, war der Besuch des „Herzenswunsch Krankenwagens“ der Malteser des Bistums Münster an der Rettungswache. Hier führen viele Punkte des Rettungsdienstes und der palliativen Betreuung von Patienten zusammen. Franziska Goßheger, Koordinatorin für den Herzenswunschkrankenwagen der Diözese Münster und zwei „Wunscherfüller“ von den Maltesern des Ortsverbandes Ochtrup sind mit dem durchaus auffälligen Gefährt zur Wache angereist, um etwas über ihre Arbeit und das Projekt zu berichten. Erst verschlug es die kleine Gruppe aus Auszubildenden und interessierten Kollegen/innen vor dem Beamer zu einer kleinen Präsentation. Hier gab es die wichtigsten Fakts zum Projekt. So ist dieser Krankenwagen für Menschen in der letzten Lebensphase da, ob alt oder jung und egal welcher Kultur, Ethnie oder Religionszugehörigkeit. Jeder, ob Angehörige, Freunde oder der Gast selbst kann eine Anfrage für eine „letzte Fahrt“ stellen, die für den Gast komplett kostenlos ist. Diese können deutschlandweit oder gar länderübergreifend ausfallen, wie beispielsweise in die Niederlande. Das Projekt, so erzählt Franziska, wird allein über Spenden finanziert und erhält keine regulären Zuschüsse. Mittlerweile haben sich über 40 ehrenamtliche Helfer/innen nach ihrer normalen rettungsdienstlichen Qualifikation, mit einer achtstündigen Zusatzqualifikation für den Herzenswunschkrankenwagen weitergebildet. Die Zahl für das kommende Jahr toppt dies nochmal bis auf 70 Helfer. Es besteht ebenfalls eine enge Zusammenarbeit mit regionalen Hospizen und Hospizdiensten, sowie Palliativnetzwerken und Trauerbegleitern, die meistens in der Versorgung des Patienten bzw. des Gastes eingebunden sind. Ebenso sind Angehörige ein wichtiger Stützpfeiler, welche ausdrücklich bei dieser oftmals letzten großen Reise erwünscht sind. Auch für die Angehörigen gehört dieser Tag zu einem emotionalen, aber auch glücklichen und ausgelassenem Stückchen Zeit das noch beleibt und in den Erinnerungen verankert wird. Das erleben auch die beiden „Wunscherfüller“ immer wieder. Sie berichteten von einigen Fahrten, die eindrucksvoll zeigen, wie wertvoll diese Projekt für alle Beteiligten ist.
Ein Beispiel war vor kurzem eine Fahrt in ein Fußballstadion eines Erstligisten mit einem 10.-jährigen Jungen, der eine lebensverkürzende Erkrankung hat und unbedingt seine Lieblingsmannschaft und das Stadion sehen wollte. Auch wenn die Anfragen meistens nur einen Vorlauf von 1-2 Wochen haben, so lässt sich vieles durch gute Kontakte und viel Engagement der Helfer und Organisatoren ermöglichen.
So ist beispielsweise ein Transport mit einem jungen Mann zustande gekommen, der seine Festivalkarten für das „Parookaville-Festival“ , trotz eines schweren gesundheitlichen Schicksalsschlages nicht verfallen lassen wollte. Also ist der KTW nach einigen Telefonaten und auch durchaus vorhandenen Hürden, im Sommer 2023 Richtung Weeze aufgebrochen, um einen unvergesslichen Tag bei viel Bass, vielen Beats und den engsten Freunden zu verbringen.
Im Anschluss an die Erfahrungsberichte, die bei allen Beteiligten durchaus Eindruck hinterlassen haben, ging es zum Herzstück des Projektes, den KTW. Alle durften sich das Fahrzeug, welches im Prinzip einem normalen Krankentransportwagen vom Aufbau und der Grundausstattung entspricht, genau anschauen. Die auffällige Beklebung von außen tritt als erstes ins Auge. „Herzenswünsche werden wahr“ ziert die beiden Seiten, ebenso wie das Malteserlogo eingerahmt in ein rotes Herz. Die Hecktür zeigt einen Wegweiser, der ebenfalls im Patienteninnraum wieder zu finden ist – dort allerdings an der Decke, das die zumeist liegenden Gäste auch sehen können. „Schön das Sie da sind!“ ist ebenfalls im Innenraum zu finden und heißt die Gäste auf ihrer Fahrt herzlich willkommen. Warme kuschelige Decken, sorgen für das wohlige Gefühl während der zum Teil mehrere Stunden andauernden Fahrt.
Im Zuge der Besichtigung des Fahrzeuges wurden gerade den Auszubildenden nochmal die starken Unterschiede zum normalen Krankentransport deutlich vor Augen geführt. Die Patienten entscheiden sich im Falle des Herzenswunsch KTW aktiv für eine Mitfahrt und nicht wie so oft im normalen Dienstbetrieb, wo den Patienten keine Alternative bleibt, als beispielsweise ein Transport ins Krankenhaus.
Alles in allem konnten sowohl die Auszubildenden als auch die Kollegen der Rettungswache einiges aus diesem Besuch mitnehmen. So können Patienten oder Angehörigen eine Anlaufstelle an die Hand gegeben werden, wenn dem Rettungsdienst gegenüber mögliche Reisewünsche oder Träume geäußert werden, was im Rahmen der Kommunikation mit Patienten durchaus vorkommen kann.
Die Rettungswache Ochtrup bedankt sich herzlich für die Vorstellung des “Herzenswunsch-Krankenwagens” und wünscht allen Beteiligten weiterhin Alles Gute bei diesen besonderen Projekt mit Herz… ❤️🚑💪🙂👍